[Blog] Abwechslungsreiches Training

Ich habe mich entschieden in dieses Thema viele Fragen, von euch, einfließen zu lassen.

Darunter waren u.a.:

  • Können Stangen uns beim Training unterstützen?
  • Hilft es, mit dem Pferd bergab und bergauf zu reiten / laufen, um die Hinterhand zu aktivieren?
  • Trotz, GHP (Gelassenheitsprüfung respektive Gelassenheitstraining) erschrickt mein Pferd sehr oft. Wie kann ich ihn beschäftigen, dass es ruhiger wird?
  • Mein Pferd muss beschäftigt werden, kann das Körpertraining für genug Abwechslung sorgen?

Was bedeutet Abwechslung und wer braucht diese?

Ein Pferd hat, ursprünglich gesehen, keine Ambitionen sich ausgiebig zu beschäftigen. Es frisst bis zu 16 Stunden am Tag, sucht Wasser und Nahrung, legt dabei ca 30 km am Tag zurück und schläft. Für das Fluchttier Pferd eine absolut ausreichende Beschäftigung.

Nun kommt der Mensch und stellt den ursprünglichen Lebenszyklus des Tieres um. Er möchte das Lebewesen nutzen. Dafür werden die Bedingungen so angepasst, dass der Mensch glücklich ist, aber das Pferd in seiner ursprünglichen Lebensform eingeschränkt wird – dazu zähle ich auch die Veränderung des Skeletts sowie der Muskulatur durch die Zucht.

Der Mensch denkt nun, dass er das Pferd beschäftigen muss. Größtenteils höre ich dies auch immer wieder in der Praxis: „Der / die braucht Abwechslung, etwas für den Kopf, sonst rastet er / sie komplett aus!“ Dass es nicht an der mangelnden „Abwechslung“, sondern eher an suboptimalen Haltungsbedingungen oder an einer falschen Körperhaltung bzw. an beidem liegt, scheint grundsätzlich für die Besitzer abwegig zu sein.

Wer sich in seiner Haut nicht wohlfühlt, ist nervig! Ein Fluchttier, welches nicht sicher stehen kann und Angst haben muss, von Fressfeinden angegriffen zu werden, wird auch bei 24 Stunden Offenstall ein absoluter Durchgänger bleiben – auch wenn er sich doch „stundenlang auspowern“ kann. Hier muss der Eigentümer des Pferdes unbedingt schauen, ob die Haltung mit dem Exterieur übereinstimmt und das Optimum für Körper und Psyche erreicht werden kann.

Wenn das Pferd von seinen körperlichen Gegebenheiten optimal gehalten sowie gearbeitet wird, ist es ausgeglichen!


Als Beispiel wähle ich heute diesen Weg:

Wenn ihr hypermobil seid, werdet ihr jetzt schon Schweißperlen auf der Stirn haben. Wenn ihr euch nicht vorstellen könnt, wie sich diese Krankheit anfühlt, dann stellt euch bitte vor, wie ihr diesen Weg nur auf Zehenspitzen (wie eine Ballerina) laufen müsst. Ob rauf oder runter, ist erstmal Nebensache. Diese Unebenheit wird euch einiges abverlangen. Ihr habt ggf. Angst davor zu fallen, umzuknicken, nicht sicher stehen zu können, ggf. verstecken sich auch noch gruselige Tiere zwischen den Steinen – wer weiß, was euch noch für Gedanken kommen.
Fakt ist: Dieser Weg bereitet euch Stress! Jeder reagiert auf Stress anders, einige werden (weg)rennen, andere werden maulig bis widersetzlich etc.

Nun kommt euer „Partner“ und versteht euch nicht. Eure Begleitung ist stabil, hat gute Wanderschuhe an und grundsätzlich keine Angst vor Tieren, weil er weiß, dass diese – sollten sie da sein – ihm nichts antun können.

Beide Parteien verstehen den anderen nicht und die Situation wird eskalieren.

Der stabile Part könnte denken, dass der gestresste Partner einfach mehr Abwechslung benötigt. Der muss einfach nur täglich mit diesem Problem beschäftigt werden, dann gewöhnt er sich daran und gut ist.

Aber was denkt der hypermobile Part? Nichts mehr! Er ist so gestresst, dass nur noch das „Reptilienhirn“ funktioniert und das setzt auf Flucht (auch bei uns Menschen 😉 ). – Gerne könnt ihr euch mit den Hirnarealen beschäftigen, das Thema würde jetzt den Rahmen sprengen.

Nun münze ich das ganze auf die Übungen zur GHP um. Hier werden die Pferde mit Planen, Bällen, Regenschirmen etc. beschallt, bis sie ganz entspannt stehen bleiben. Warum? Weil die Pferde sich in eine erlernte Hilflosigkeit begeben. Sie verstehen, dass sie (täglich) mit diesen Reizen konfrontiert werden und schalten irgendwann ab. Sie resignieren, ziehen sich in sich zurück und geben sich im schlimmsten Fall auf. Eine Beschallung ist nie sinnvoll und bekämpft auch nur die Symptome – durch psychische Gewalt -, die Ursache (um beim Beispiel zu bleiben) der körperlichen Einschränkung bleibt bestehen.


 

Um beim Beispiel zu bleiben, habe ich hier ein Pferd abgemalt, welches im Geländetraining einen Hang hinunterlaufen soll. Die Kruppe ist deutlich höher – blöd nur, dass die heutigen Pferde generell eine nach hinten hochgestellte Kruppe haben und es diese Situation noch ins Negative beeinflusst. Das Pferd läuft daher noch mehr auf der Vorhand, rollt sich im oberen Halsbereich ein und kommt somit hinter die Senkrechte. Durch das vermehrte kippen nach vorne macht das Pferd verhaltene, spannige Schritte mit der Hinterhand, um sich zu schützen. Viele Pferde sind nach der Hangarbeit vermehrt verspannt und gestresst. Beim bergauf, zieht sich die VH den Berg hinauf und die Hinterhand schiebt. Beides verhindert die Entstehung / Erhaltung der Tragkraft.


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Hier ist deutlich zu sehen, was die Stangenarbeit mit dem Pferdekörper macht. Das Becken schiebt sich nach hinten raus, das Knie läuft dem Lot hinterher – im schlimmsten Fall haben wir das Modell dt. Schäferhund. Durch den Verlust der Hinterhand kann die Vorhand weiter vorschwingen, was die Parallelität zwischen hinterer Röhre und Unterarm stört. Das Pferd verliert das Gleichgewicht, trägt sich nicht selbst, rollt sich daher auf und kommt hinter die Senkrechte. Stangenarbeit hat in diesem Fall keinen Wert für das Pferd, der Körper nimmt sichtlich Schaden.

Ein fleißiges Abfußen, welches größtenteils durch die Stangenarbeit erreicht werden soll, ist nicht möglich.


Fazit:

Ein Pferd benötigt, wenn es durch den Menschen genutzt wird, angepasstes Training, welches seinen Körper stabilisiert und aufbaut. Abwechslung kommt durch die angesprochenen Muskelgruppen und durch einen gesunden Körper, in dem das Fluchttier Pferd „ruhen“ kann. Dadurch wird es entspannter und muss somit nicht beschallt werden.

2 thoughts on “[Blog] Abwechslungsreiches Training”

  1. Gut. Wie aber reitet man ein Pferd richtig in hügeligem Gelände? So dass die Tragemuskulatur arbeitet. Oder geht es physikalisch nicht und heisst das man darf mit dem Pferd erst in die Hügel wenn es auf Tragkraft ausreichend trainiert ist…und da im Hügel nur der Schub arbeitet muss man im Flachland wieder Ausgleich trainieren?
    Also überspitzt: Reiten wir unser Pferd im Hügel in den Negativbereich und ziehen um ins Flachland? 🤗
    Liebe Grüsse

    1. Überspitzt hast du schon recht Gudrun 😉 die heutigen Pferde sind vom Exterieur so speziell gebaut, dass ihnen hügeliges Gelände nicht gut tut. Daher muss gezielt dagegen gearbeitet werden, um das Pferd lange sowie gesund nutzen zu können. Leider 🙁 Liebe Grüße

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