[Frage] Warum arbeitet ihr nicht mit Biegung und Stellung?

Antwort:

Zuerst sollte geklärt werden, warum Stellung und Biegung in der Reiterei so hoch bewertet wird. Was bedeuten diese beiden Begriffe:

Stellung:
Die Stellung zieht ausschließlich auf die Kopf- bzw. Kieferbewegung ab. Ziel ist es, dass die Ganasche des Pferdes (einseitig) frei wird und sich der Unterkiefer entgegengesetzt verschieben kann. Genutzt wird diese Manipulation sehr gerne, um das Kiefergelenk des Pferdes zu mobilisieren. Viele Pferde halten sich über den Kiefer fest, knirschen mit den Zähnen und sind im allg. Sprachgebrauch „nicht durchlässig“. Wenn nun das Pferd „durchgestellt“ wird, muss es den Kiefer bewegen und wird zum Kauen animiert. Eine manipulative „Losgelassenheit“ ist erreicht.

Biegung:
Die Biegung geht noch einen Schritt weiter und soll den ganzen Pferdekörper betreffen. Das Pferd soll sich demnach in der kompletten Wirbelsäule seitlich runden, um sich im Endeffekt geradezurichten und durch das an- und abspannen der Muskulatur (Entspannung in der Biegung, Dehnung im außen) soll die „Losgelassenheit“ erfolgen.


Beide Übungen sind demnach dafür da, das Pferd locker zu bekommen und es geschmeidig zu erhalten. Über diese Thematik habe ich bereits geschrieben, inkl. praktischer Beispiele für den Selbstversuch: – siehe: Positive – Negative Anspannung

Nun zum eigentlichen Kern:

Früher waren die Pferde steif, ich vergleiche sie gerne mit alter Knete. Diese musste vor dem Formen der Figuren auch immer minutenlang bearbeitet werden, bevor man diese verwenden konnte. Damals ergab diese Arbeit also einen Sinn. Schaut man nun aber genau hin, bog sich damals ein Pferd aber auch nicht „durch die Wirbelsäule“, sondern setzte die Beine vermehrt schräg unter den Körper, um durch eine Kurve zu kommen, es lief „neben der Spur“.

Heute haben wir eine veränderte Knete, sie ist von Beginn an sehr weich und es kann umgehend damit begonnen werden zu formen, bei den Pferden haben wir bereits Designergangarten – siehe Galopparbeit. Wenn bei diesen Gummienten noch mehr weich gemacht wird, können sie sich nicht mehr halten und sie „verbiegen“ sich in der Wirbelsäule. Wer genau hinschaut, wird erkennen, dass das Becken sich mittlerweile stark schräg legt, die Wirbelsäule aber nicht mit zieht, durch die fehlende Stabilität und durch die Verankerung am Becken. Sie „fällt“ daher förmlich nach unten und, im schlimmsten Fall, schwingt sie noch durch.


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Daher stabilisieren wir die überbeweglichen Körper, geben ihm Kraft und fordern nur das vom Pferd, was es in dieser Situation leisten kann. Eine Manipulation des Körpers ist bei uns ausgeschlossen und demnach vermeiden wir Stellung sowie Biegung und nehmen nur das, was das Pferd uns freiwillig anbietet. Natürlich gehen die Pferde bei uns auch auf Kreislinien, aber in gesunder Haltung – ohne Verwringungen der Wirbelsäule oder des Beckens. Wir verlagern den Schwerpunkt der Pferde nach hinten, die Pferde machen kleinere Schritte, nehmen Last auf und können so spurig in einer Kurve laufen. Dies ist für alle Gelenke verschleißfrei.

Die Hauptarbeiten in der Osteopathie sind übrigens Verwringungen im Becken und in der Wirbelsäule sowie Probleme in den unteren Gelenken (vor allem der Hufrollenbereich), welche größtenteils auf die Biegung zurückzuführen sind. Auch Tierärzte empfehlen Pferde mit Krankheitsanzeichen in diesen Bereichen nur auf geraden Linien zu bewegen, um ein Fortschreiten der Degeneration zu vermeiden.

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