Immer wieder werden uns Pferde vorgestellt, welche einen „tollen Raumgriff“ haben bzw. genau deswegen gekauft worden sind.
Doch bedauerlicherweise halten diese Pferde (mit besonderem Gangwerk – gerade im Schritt) nicht sonderlich lange. Schnell werden sie taktunrein, stellenweise widersetzlich, bekommen eventuell sogar Muskelrisse (gerade in der Hosenmuskulatur).
Warum ist ein erhöhter Raumgriff schädlich bzw. warum kann er Krankheiten auslösen und vor allem, welche?
Ein raumgreifender Schritt – also ein besonders weiter oder großer Schritt – kann unter bestimmten Bedingungen schädlich für das Hüftgelenk und das Kreuz-Darmbein-Gelenk (Iliosakralgelenk, ISG) sein. Die genaue Problematik hängt von der individuellen Anatomie, Beweglichkeit und muskulären Kontrolle ab.
Hüftgelenk:
Übermäßige Extension (Streckung) des Hüftgelenks
Ein sehr weiter Schritt der Hinterhand, führt zu einer starken Streckung der hinteren Hüftmuskulatur. Wenn das Hüftgelenk nicht genug Mobilität (bei zu steifen Pferden – eher Kaltblüter) oder wenig muskuläre Kontrolle vorliegt (bei überbeweglichen, hypermobilen Pferden), wird die Gelenkkapsel überdehnt oder gereizt. Was dann zu Entzündungen führen kann.
Krafteinwirkung auf die Gelenkpfanne (Acetabulum)
Ein zu großer Schritt kann dazu führen, dass der Hüftkopf in einer ungünstigen Position auf das Acetabulum trifft, was die Knorpelstruktur belastet (besonders bei vorbestehenden Problemen wie Arthrose).
Ungleichgewicht in der Muskulatur
Bei einem zu großen Schritt müssen bestimmte Muskeln (z. B. Hüftbeuger, Gesäßmuskeln) besonders stark arbeiten, während andere überlastet werden oder nicht ausreichend stabilisieren. Das kann zu muskulären Dysbalancen und Überlastungsschäden (Muskelrissen) führen.
Kreuz-Darmbein-Gelenk (ISG):
Ein großer Schritt erzeugt eine Hebelwirkung im Becken, die zu Scherkräften im ISG führt. Diese Kräfte können das ohnehin wenig bewegliche ISG reizen – insbesondere, wenn es bereits instabil ist oder muskulär nicht ausreichend gesichert wird.
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Bei raumgreifenden Schritten rotiert das Becken stärker. Diese Rotationen werden teilweise im ISG abgefangen. Ist das ISG oder die umliegende Muskulatur überfordert, kann das ISG nicht mehr physiologisch arbeiten, sondern ist einer Torsionskraft ausgesetzt, was dann zu Blockaden oder Entzündungen im ISG führt.
Scher- und Torsionskräfte sind zwei verschiedene Arten von mechanischen Belastungen, die auf ein Gewebe oder einen Körper einwirken können. Beide spielen in der Biomechanik (z. B. von Gelenken wie dem Hüftgelenk oder dem Kreuz-Darmbein-Gelenk) eine wichtige Rolle – hauptsächlich bei Überlastungen, Fehlhaltungen oder Verletzungen.
1. Scherkräfte
Scherkräfte wirken parallel zur Oberfläche eines Körpers oder Gewebes und versuchen, benachbarte Schichten gegeneinander zu verschieben.
Übung zum Mitmachen:
Blättere eine Seite eines Buches um, während die Seite darunter fest auf den anderen Seiten liegt – das ist eine Scherbelastung.
Folgen übermäßiger Scherkräfte:
- Gelenküberlastung
- Reizung von Gelenkkapseln, Bändern oder Bandscheiben
- Instabilität oder Schmerzen
2. Torsionskräfte
Torsionskräfte entstehen durch Drehbewegungen, bei denen ein Teil eines Körpers sich in eine Richtung dreht, während der andere fixiert bleibt oder sich anders dreht.
Übung zum Mitmachen:
Wenn du ein nasses Handtuch auswringst – das ist Torsion.
Folgen übermäßiger Torsionskräfte:
- Mikrotraumen in Gelenkkapseln oder Bändern
- ISG-Blockaden oder Verspannungen
- Muskelzerrungen oder Reizungen
Fazit:
Ein raumgreifender Schritt kann das Hüftgelenk überstrecken und im ISG Scher- UND Torsionskräfte erzeugen. Dies ist vor allem problematisch bei Bewegungseinschränkungen, Instabilität, muskulärer Dysbalance oder vorbestehenden Beschwerden.
Wenn man selbst Sport macht und dabei zu große Schritte macht – weil man bspw. mit einem Freund laufen geht, der eine andere Beinlänge als man selbst hat, dann geht man eventuell über seine eigene Schrittlänge hinaus und merkt dann beim oder spätestens nach dem Laufen, dass es nicht gut war. Wenn einem Lebewesen diese Bewegungen aber angezüchtet werden, bspw. bei zu langen Beinen und zu kurzem Rücken, dann ist zu viel Raumgriff im Körper vorhanden und dieser muss mühevoll abtrainiert werden, sonst entstehen Probleme.