[Blog] Hilfe mein Pferd hat Hufrolle

Dann hoffen wir mal, dass das Pferd 4 Hufrollen hat.
Es ist nämlich anatomisch richtig. Daher ist ein Hilfeschrei erstmal unnötig.
Anders sieht es aus, wenn das Pferd ein Hufrollensyndrom hat, also unter Podotrochlose erkrankt bzw. Strahlbeinlahm ist.

Was ist die Hufrolle?
Der anatomische Komplex setzt sich aus der Tiefenbeugesehne, dem Schleimbeutel sowie dem Strahlbein zusammen.

Die tiefe Beugesehne läuft um das Strahlbein herum, nutzt dieses also als UmlenkROLLE und setzt dann am Hufbein an. Damit die Beugesehne sich nicht bei jeder Bewegung am Strahlbein aufscheuert (rauer Knochen an faseriger Sehne) schützt der dazwischenliegende Schleimbeutel die Sehne vor Abnutzung.

Sagittalschnitt Huf

Wenn der Hufrollenbereich erkrankt ist, ist das Pferd meist lahm und stolpert viel.

Wie wird die Erkrankung diagnostiziert?

Bildgebendes Verfahren:
Die häufigste Diagnose ist eine Deformierung des Strahlbeines. Auf einem Röntgenbild wären dann Löcher sichtbar – sog. Lollipops.

Lollipop

Das Strahlbein ist, wie oben bereits erwähnt, ein Knochen. Ein Knochen ist frei von Nervenfasern und damit frei von Schmerzen. Trotzdem sind diese Bilder sehr oft der ausschlaggebende Grund, die Pferde als Strahlbeinlahm oder an Hufrollensyndrom (Podotrochlose / Palmar-Huf-Syndrom PHS) erkrankt zu bezeichnen. Eine Lahmheit löst ein Knochenabbau allerdings NICHT aus. Die Lollipops sind nur das Symptom, die Ursache findet sich im Hufrollenkomplex.

Grund für Lollipops im Strahlbein:
Das Strahlbein ist ein Hilfsknochen für die Stabilisierung im Hufgelenk. Es bildet mit dem Hufbein zusammen die Auflagefläche für das Kronbein. Zudem wird das Strahlbein nicht wie alle anderen Knochen über die Knochenhaut mit Nährstoffen versorgt, sondern besitzt eigene Arterien zur Nährstoffversorgung. Diese Arterienverbindungen führen durch den Knochen hindurch. Wenn der Druck innerhalb der Arterien für das Strahlbein zu groß ist, dann erweitern sich die Blutgefäße, drücken gegen das Innengewebe der Knochen (Spongiosa) und daraufhin baut die Knochensubstanz ab – es entstehen Lollipops.

Hufpflege:
Auch über die Sichtung und Bearbeitung ist es möglich, Probleme an der Hufrolle zu erkennen.

Hufquerschnitt

Auf obigem Bild ist der Huf von hinten skizziert (Eckstreben, Ballen und Trachten fehlen). Die schematische Darstellung beinhaltet KEINEN Schleimbeutel, dieser befindet sich zwischen Strahlbein und TBS (tiefer Beugesehne). Wie in der schematischen Darstellung, ist das komplette Innenleben des Hufes von einer Lederhaut umgeben. Durch unphysiologische Druckspitzen, wie zum Beispiel durch die Eckstreben, wird die Lederhaut und damit auch die Beugesehne sowie der Schleimbeutel gereizt, die Versorgung der Weichteile wird gestört und das Pferd ändert sein Laufverhalten.

Folgen sind ein unbequemer hinterer Hufbereich, Unterversorgung der Lederhäute und damit auch eine Mangelversorgung der Arterien in und um das Strahlbein. Schleimbeutelentzündungen und Beschädigungen der TBS können ebenso auftreten.

Eckstreben - Lederhaut

Die Bilder zeigen einen Zwanghuf mit Eckstreben, welche sich in die Lederhaut bohren. (Gleiche Sicht wie auf der Skizze oben, nur weiter hinten am Huf. Hier sind die Trachten und Eckstreben noch erkennbar.)

Abhilfe schafft in allen Fällen eine physiologische Hufbearbeitung mit einem bequemen hinteren Hufbereich sowie eine kurze Zehe. Durch zu lange Zehen liegt der Abrollpunkt zu weit vorne und die TBS muss vermehrt über ihren Muskel arbeiten, um den Huf zum Abfußen zu bringen. Durch den vermehrten Zug der TBS und damit das Anschwellen des Muskels stimmt das Gleichgewicht zwischen Beugesehne und Strecksehne nicht mehr und diese Dysbalance zieht weitere Probleme mit sich.

Exterieur:
Auch das Gebäude des Pferdes lässt Rückschlüsse auf eine Hufrollenerkrankung zu.

Rueckstaendiges stehen

Hier zeigt sich meist ein rückständiges stehen, um den hinteren Hufbereich zu entlasten. In schlimmeren Fällen kommt noch eine „Kniehängigkeit“ (ein Vordrücken der Karpalgelenke) hinzu. Dies wiederum ruft meistens eine Zehenfußung herbei. Hier landet der Huf erst auf der Zehe und klappt dann nach hinten runter. Durch diese Bewegung bekommt die TBS noch mehr Stress, weil diese das Auffußen abfedern muss. Auch die Knochen und Weichteile leiden durch den unphysiologischen Druck des Aufpralls (siehe oben „Lollipops“).


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Ein zu weit nach vorne gelagerter Schwerpunkt des Pferdes, ein sog. kippen im Körper, kann das Pferd ebenfalls auf die Zehe bringen und somit den hinteren Hufbereich und den Bandapparat negativ beeinflussen.

Fazit:
Nur weil das Pferd „Hufrolle“ hat, ist es nicht krank. Wenn die Hufrolle allerdings verändert ist, ist es spätestens dann nötig, die Hufbearbeitung und das Training zu überdenken. Denn wenn die Bearbeitung und das Training auf das Pferd abgestimmt sind, ist die Hufrolle gesund bzw. kann wieder gesunden!