Antwort:
Der Galopp ist die Gangart mit der meisten Dynamik. Eine hohe Bewegung und damit schnelle Fortbewegung setzt – gerade für das Fluchttier Pferd – eine erhöhte Abwärtstendenz voraus. Wenn man schnell wegwill, dann rennt man eher bergab als bergauf 😉 daher ist die Galopparbeit in erster Linie von der Körperhaltung des Pferdes abhängig und was man mit dem Galopp erreichen möchte.
Früher waren die Pferde stabil, daher schaute man die Pferde im Trab und Galopp an und entschied, welcher Weg der bessere ist, um ein Pferd zu versammeln:
- Kann das Pferd im Trab mit dem Hinterbein gut tragen sowie abfussen (beides zusammen wurde Antritt genannt) und ist es in den unteren Gelenken beweglich?
- Kann das Pferd im Galopp gut drunter springen und kann es sich im Becken halten?
Je nach Typ trainierte man die Pferde unterschiedlich in die Versammlung.
Bei Typ 1 setzte man die Pferde erst über die Piaffe und ließ sie dann mehr nach vorne oben raus, was die Passage ergab (Übergang zwischen Piaffe und versammeltem Trab).
Bei Typ 2 richtete man die Pferde mit dem Galopp auf und setzte sie dann.
Bei den heutigen Pferden wurden die Körpermaße so verändert, dass auch die Gangarten ihren Wert verlieren – siehe: Was ist Rückentätigkeit?
Daher ist gerade bei der Galopparbeit große Vorsicht geboten, weil die Dynamik erhöht und der Schwerpunkt verändert wurde. Aufgrund der veränderten Biomechanik, den veränderten Körpermaßen / Statik ist mit einem lang nach vorne gestrecktem Hinterbein eine Aufrichtung nicht möglich.
ALLE BILDER SIND NACHGEZEICHNET, ES HANDELT SICH HIER UM ELITEPFERDE AUF LEISTUNGSPRÜFUNGEN!
Bild von 1995:
Hier weist das Pferd bereits ein gestrecktes Hinterbein im Galopp auf. Die Gelenke werden beim Aufkommen auf den Boden stark belastet. Es entsteht eine Stauchung aller Gelenke. Dennoch ist der Takt vom Galopp erkennbar.
Bild von 2005:
Das Pferd hat eine angezüchtete Bergauftendenz, der Galopp wird zum 4-Takt. Das Hinterbein sowie Vorderbein sind bis aufs äußerste gestreckt, das eine Vorderbein scheint eingerollt, auch holt das Pferd mit dem Hals Schwung, steckt sich im Hals auf und rollt sich im oberen Halsbereich leicht ein.
Bild von 2015:
Es ist kein Galopp mehr zu erahnen, das Pferd ist ein tanzender Dinosauerier geworden, der Rücken bricht hinter dem Widerrist ein, die Beine sind überstreckt und der Hals sowie die Vorderbeine holen sichtlich Schwung.
Nun mag die Darstellung suggerieren, dass der Galopp den Rücken und das Vorderpferd anhebt, leider ist dies ein Trugschluss. Ein Anheben aus der Hinterhand im Vorwärts ist anatomisch nicht möglich! Daher hilft sich das Pferd über die vorderen Strukturen sich in die Luft zu heben, aber was hochspringt, muss auch wieder runter.
Selbstversuch:
Bitte nicht nachmachen, wenn du Probleme mit deinen Gelenken hast 😉
- Springe in die Luft, lasse die Beine gestreckt und komme mit ausgestrecktem Bein auf (siehe Bild 1)
- Laufe etwas schneller, springe dann in die Luft und lande mit gestrecktem Bein. (siehe Bild 2)
- Laufe schneller, schwinge die Arme und stoße dich kräftig mit den Beinen vom Boden ab, helfe mit dem Oberkörper nach (um noch weiter in die Luft zu kommen – ähnlich dem Weitsprung) und komme mit gestrecktem Bein auf (siehe Bild 3)
Spätestens jetzt sollte klar sein, dass der Galopp den heutigen Pferden definitiv nicht hilft, um sich zu verbessern. Zudem kommt noch hinzu, dass die Pferde zu lange Beine und zu kurze Rücken haben, um physiologisch in der Spur zu laufen. Sie verdrehen sich also regelmäßig im Becken – Wirbelsäulenbereich (Fehlstellung) und sind überbeweglich in dem Bereich, den sie im Galopp anheben sollen. Das Pferd sackt demnach an der hinteren Wirbelsäule ab, kann demzufolge nicht mal seine Lende stabilisieren. Logisch, dass die Brustwirbelsäule nicht alles auffangen kann.
Was passiert aber beim Landen?
Die oben geschilderten Probleme beschreiben ja nur den Einsprung in den Galopp. Bei der letzten Galoppphase kommt das Pferd ungebremst auf die Vorhand (den Selbstversuch erspare ich jetzt). Was ebenfalls zu Problemen in den Gelenken führt und zudem den empfindlichen Hufrollenbereich schädigt. Auch kommt das Pferd mit Hals und Kopf viel zu tief, wird meistens noch vom Reiter gehalten und wird damit unbewusst im Hals gerollt. Viele Reiter beschönigen dieses Verhalten und sprechen davon, dass sich ihr Pferd im Galopp auf das Gebiss legt. Festhalten und nicht umfallen, wäre wohl auch eine angemessene Beschreibung. In der Phase des nach vorne Kippens wird die Hinterhand frei und die Kruppe leicht. Dies kann man sich wie einen Handstand in hoher Geschwindigkeit vorstellen. Um noch mal an den Anfang des Artikels zu gehen: Der Galopp hat die höchste Abwärtstendenz, welche hier nun noch züchterisch gefördert wird!
Fazit: Der Galopp war früher sinnvoll, um einige Pferde zu versammeln. Heute ist er, durch die züchterischen Veränderungen, wertlos sowie gesundheitsschädlich.