Immer wieder treffe ich auf Reiter, welche mir erklären, dass sie gerade die Anlehnung mit ihrem Pferd üben. Das Pferd ist nicht durchlässig bzw. es geht nicht durchs Genick.
Erkannt wird also, dass das Pferd etwas nicht macht und dass von außen gegensteuert werden muss. Sei es mit einem neuen Trainer, Bereiter oder der Therapeut soll schauen, ob es im Pferd klemmt.
Die Frage, die ich dann immer stelle, ist: Was bedeutet Anlehnung für euch?
Hier meine Antwort:
Anlehnung bedeutet im entferntesten Sinne „stütze“.
Wir bieten unserem Partner eine Hilfe an. Nehmen wir als Beispiel ein Kind, welches Schlittschuhlaufen erlernt. Wir geben dem Kind unsere Hand und helfen ihm, sich auf dem Eis zurechtzufinden.
Oder ein Tanzlehrer, welcher seinem Schützling die Positionen zeigt. Jeder Lehrer gibt seinem Schüler so viel Unterstützung, wie der Schüler in diesem Augenblick benötigt.
Die Anlehnung beim Reiten / Longieren ist also eine Hilfestellung für das Pferd und sollte in diesem Sinne nicht „geübt“ werden, sondern einfach da sein.
Oder wie sieht das beim Schlittschuhlaufen aus, wenn die Anlehnung geübt wird?!
Im pferdischen Beispiel sollte die Anlehnung genutzt werden, um die Balance herzustellen, wie zwei Tänzer – jeder hat seinen Tanzbereich – aber auch, um eine positive Anspannung ins Pferd zu bekommen, aus der dann die Selbsthaltung entsteht. In der Selbsthaltung läuft das Pferd frei, es trägt sich selbst, ist stolz und durchlässig.
Anlehnung hat in diesem Sinne also sehr wenig mit dem Genick des Pferdes zu tun! Sondern es ist das, was der Begriff aussagt: Es ist eine konstante, weiche Verbindung zwischen Hand und Pferdemaul.
Die Reitlehren sprechen allerdings davon, dass ein Pferd nur in Anlehnung geht, wenn es durchlässig ist und damit durch das Genick geht.
Wenn das Pferd also durch das Genick gehen soll, dann hilft es wenig vorne zu manipulieren und bestimmte Haltungen des Genickes zu üben, denn was soll passieren?
Wenn ihr euch in den Vierfüßlerstand begebt und den Rücken einfach hängen lasst und dann den Kopf nach unten bewegt, passiert im Rücken nichts. Egal was euer Kopf macht und ob ihr dabei kaut oder singt, es wird euch nicht helfen euren Rücken aufzudehnen. Die Aufdehnung und damit die Durchlässigkeit muss von hinten nach vorne erarbeitet werden. Das Pferd benötigt eine aktive Hinterhand, welche die Wirbelsäule wie ein Kran anheben kann und damit daraus ein Genick entstehen kann.
Merke:
Sobald die Anlehnung zu einem „auf dem Gebiss liegen“ wird oder mit Kraft verbunden ist, halten sich beide aneinander fest und damit kann kein Muskelkreislauf arbeiten. Es ist dann weder von Durchlässigkeit, noch von Versammlung noch von sonst was die Rede.